Die Rurbadeanstalt - das erste Freibad Dürens
Der Geschichtsschreiber Solinus äußerte sich in seinem Stadtführer von 1898 neben dem damals schon existierende Volksbad auch über eine weitere Dürener Badeinstitution lobend: „Im Sommer bietet die städtische Badeanstalt unterhalb der neuen Rurbrücke Herren und Damen Gelegenheit zu erfrischenden Flussbädern.“
Mit der neuen Rurbrücke ist die 1894 erbaute Bismarckbrücke gemeint, die vom Architekten Dietzler konstruiert worden war und 116.000 Mark gekostet hatte.
Der Vorläufer des ersten Freibades im Dürener Raum entstand womöglich um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1846 hatte sich ein privater Verein gegründet, der eine Badeanstalt mit angeschlossener Schwimmschule an der Rur errichtete. Nähere Einzelheiten sind dazu leider nicht bekannt, doch 1870 beschlossen die Dürener Stadtverordneten, sich ebenfalls „an der Errichtung einer Badeanstalt an der Rur zu beteiligen“. Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 verzögerte diese Pläne, doch 1883 konnte dann am rechten Rurufer, zwischen Tivolistraße und Eisenbahn, eine Zellenbadeanstalt auf Pontons installiert werden, die, 1884 eröffnet, jährlich neu errichtet und verpachtet werden konnte.
Die Badeanstalt lag in dem Flussabschnitt zwischen Bismarck- und der späteren Dreigurtbrücke. Zwei Jahre später begann man vor Ort zudem mit dem Bau einer Schwimmeinrichtung, was dafür spricht, dass sich die Beliebtheit des Wassersports langsam zu steigern begann. Nach dem Protest der katholischen Geistlichkeit gegen das Baden in der Rur wurde 1887 ein Sichtschutz eingerichtet und eine Schwimmlehrerin eingestellt, damit die Damen moralisch unverwerflich und züchtig gekleidet ihrem Vergnügen nachgehen konnten. 1888 wurde die Schwimm- und Badeanstalt durch ein Hochwasser der Rur schwer beschädigt, erst vier Jahre später wurde mit dem Wiederauf- bzw. Neubau begonnen. 1897 wurde die Anlage erweitert und ein Jahr später, 1898, legte man ein Nadelwehr zwischen Bismarck- und Eisenbahnbrücke an, um der Badeanstalt einen stetig tiefen Wasserstand zu sichern.
Eine beschämende Episode aus der Geschichte der Rurbadeanstalt stammt dem Jahr 1935, als den Dürener Juden der Zutritt zu den allgemeinen Öffnungszeiten verwehrt wurde. Männliche Juden durften fortan nur noch mittwochs zwischen 8 und 9 Uhr, Jüdinnen im Anschluss von 9 bis 10 Uhr schwimmen. Ein Jahr später, 1936, wurde die Badeanstalt noch einmal um das linke Rurufer vergrößert. Zudem wurde hinter dem Wehr eine Liegewiese angelegt.
Beim verheerenden Fliegerangriff des 16. Novembers 1944 und nach den monatelangen Kampfhandlungen an der Rur im Herbst und Winter 1944/45 wurde auch das städtische Freibad vollständig zerstört und damit die letzte Einrichtung für die Dürener Bevölkerung zum Schwimmen oder Baden.
Nach Kriegsende gab es sofort Bestrebungen zum Wiederaufbau, jedoch fehlte es an ausreichenden finanziellen Mitteln. Erst 1950, nach der Wiedererrichtung des Stauwehres, konnte die Badeanstalt in der Rur wieder provisorisch in Betrieb genommen werden. 1952 wurde sie komplett fertig gestellt und erhielt zusätzlich einen neuen Bootssteg mit vier Ruderbooten. Schnell mauserte sich die Badeanstalt wieder zum beliebten Ausflugsziel und lange Zeit erfreute sie sich regem Besuch.
Ende 2002, als der Stadtrat den Neubau der Johannesbrücke beschloss, schlug auch das letzte Stündchen für die Rurbadeanstalt. Sie war zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr im Betrieb, nur der Dürener Kanuclub nutzte noch die mittlerweile maroden Wehranlagen, und da eine Sanierung als zu teuer angesehen wurde, begann man im folgenden Jahr mit dem Abriss. Heute zeugt nur noch eine kleine Stele mit einem Fisch und dem Schriftzug „Rurbad“ aus den Dreißigerjahren von ihrer Existenz.