Aus der Rubrik Stichtag / Facebook / 21. April 2021
Mitte des 19. Jahrhunderts stand die Stadt Düren vor einem Problem. Zum einen wuchs die Stadt und mit ihr auch die Anzahl der Menschen, die eine moderne Krankenversorgung brauchten. Zum anderen waren aber nach dem Abzug der Franzosen im Gasthauskloster der Elisabethinnen, wo bis dato die Krankenpflege stattfand, die alten Verträge von 1650 wiederhergestellt worden. Deshalb war es beispielsweise nur den Elisabethinnen selbst erlaubt, zu entscheiden, ob es sinnvoll sei, einen Arzt heranzuholen. Zudem hatte die Stadt nur ein nominelles Aufsichtsrecht auf den Betrieb, konnte jedoch in keinster Weise eingreifen.
Als man dann am 15. Januar 1860 eine private Spende über 20.000 Taler für den Bau eines städtischen Krankenhauses bekam, entschied man sich, mit diesem Geld das alte Franziskanerkloster zu kaufen. Dies sollte zwei Jahre später, also im Jahre 1862, geschehen. Bis 1861 hatte das Gebäude noch als Bergamt gedient. Weitere zwei Jahre später war es dann so weit: Am 21. Juni 1864 eröffnete das "Marienhospital" - erst später wurde das Hospital in "Maria-Hilf-Hospital" umbenannt - mit 64 Betten in acht Sälen.
Die Pflege im neuen städtischen Krankenhaus übernahmen weiterhin Elisabethinnen. Dieses Engagement in der Krankenpflege ist ein fester Teil des Ordens, der dem Franziskanerorden sehr nahe steht und dessen Patronin die heilige Elisabeth von Thüringen ist. Doch diesmal sollten es nicht die Dürener Elisabethinnen sein, mit denen sich die Stadt immer noch im Konflikt befand. Denn neben interner Probleme, wie etwa Nachwuchsmangel, weigerten sich diese nicht nur, die Pflege im neuen Haus zu übernehmen, sondern auch die letzten Kranken, die noch nicht ins Haus an der Philippstraße gebracht worden waren, „herauszurücken“. Dieser Streit eskalierte so sehr, dass am Ende die Kranken nur mithilfe der Polizei ins Maria-Hilf-Hospital verlegt werden konnten.
Statt also nun mit den Elisabethinnen in Düren zu kooperieren, kontaktierte man das Mutterhaus in Aachen. Diese standen all den Neuerungen wesentlich aufgeschlossener gegenüber und so übernahmen sie schließlich die Krankenpflege in Düren.
Laut Vertrag hatte die Stadt nun weitgehende Rechte. Sie durfte zum Beispiel männliche und weibliche Kranke zur Pflege einweisen. Ausnahme waren hier schwangere Frauen sowie frisch gebackene Mütter. Zudem durften im Hospital "die Irren der Bürgermeisterei Düren" untergebracht werden. Hier wurde allerdings zwischen den "Heilbaren" und den "Unheilbaren" unterschieden. Erstgenannte durften dort bis zur Unterbringung in einer Pflegeanstalt verweilen, während Letztere nur so lange bleiben sollten, bis die eigene "Kreis-Irren-Bewahranstalt" fertiggestellt war.
Weiterhin wurde erstmals in der Geschichte der Dürener Hospitäler ein Arzt mit der medizinischen Leitung beauftragt. Sein Name war Dr. Bernhard Johnen und er führte das Haus unter anderem durch eine Cholera- (1866) und eine Pockenepidemie (1871). Seine ärztliche Leitung muss hervorragend gewesen sein, denn in einem Verwaltungsbericht des Jahres 1876/77 wurde besonders lobend hervorgehoben, dass in diesem Jahr die "accidentellen Wundkrankheiten, die Wundrose, die Wunddiphteritis und die Eitervergiftung", die damals sehr viele Opfer forderten, nicht vorgekommen waren. Dabei waren Verletzungen durch schwere Maschinen in der Industrie zu dieser Zeit völlig normal. Quetschungen, Zerreißungen und Verbrennungen der Gliedmaßen zu behandeln, gehörte zum Hospital-Alltag, berichtete Dr. Johnen im Jahr 1878 selbst.
Im Maria-Hilf-Hospital herrschte kein Stillstand, was Modernisierung und Vergrößerung anging, um den wachsenden Ansprüchen und Einwohnerzahlen gerecht zu werden. Am 3. April 1868 erhielt das Hospital im alten Franziskanerkloster eine Gasbeleuchtung. Mehr als ein Jahrzehnt später wurde dem Krankenhaus ein Anbau hinzugefügt, der die Bettenanzahl auf 104 anhob. Den im November 1881 fertiggestellten Gebäudeteil konnten die Patienten Anfang des Folgejahres beziehen. Zu dieser Zeit hatte das Krankenhaus neben 13 Krankenschwestern auch einige weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So gab es einen Krankenhauswärter, einen Hausknecht, einen Gärtner und vier Dienstmägde.
Durch den Nachlass von Gustav Hoesch, der am 19. Februar 1885 verstarb, wurden noch weitere finanzielle Mittel für das Hospital frei. Ganze 40.000 Mark hatte er der Stadt für Hospital und Leichenhaus vermacht.
In den folgenden Jahren Ende des 19. Jahrhunderts geschahen noch weitere kleinere Ereignisse: Im Februar 1889 gründeten die Ordensschwestern, die im Maria-Hilf-Hospital arbeiteten, in der Holzstraße das Elisabethstift, das alleinstehenden bejahrten Leuten Unterkunft und Pflege bot.
Im Dezember 1890 gab es einen Großbrand im städtischen Krankenhaus an der Philippstraße. Es gelang zwar, alle 120 Patienten zu evakuieren, der Dachstuhl des Altbaus wurde dabei aber zerstört und das obere Stockwerk war für mehrere Monate nicht mehr benutzbar. Doch das Krankenhaus nutzte die Reparaturarbeiten immerhin zur Errichtung zweier Isolierräume und einer Tobzelle.
Die Modernisierung wurde somit weiter vorangetrieben. Im Oktober 1893 erfolgte der Anschluss des Hospitals an die Fernsprechleitung. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Düren 109 Fernsprechstellen.
Durch eine großzügige Spende des Industriellen Leopold Peill konnte wenige Jahre vor der Jahrhundertwende, am 11. Dezember 1897, sogar ein Röntgen-Apparat für das St.-Maria-Hilf-Hospital angeschafft werden.
Trotz aller Modernisierungsvorhaben wurde in dieser Zeit klar, dass das Haus in der Philippstraße der immer noch wachsenden Stadt und vor allem den neuen technischen und hygienischen Anforderungen nicht mehr gerecht werden würde.
Bereits 1892 wies der Regierungspräsident in einem Schreiben auf gewisse Mängel im Krankenhaus hin und mahnte deren Beseitigung an. In einer Denkschrift von Oktober 1893 forderte Dr. Johnen selbst den Magistrat eindringlich auf, über einen Neubau des Krankenhauses nachzudenken. Gesagt - getan: Im Dezember 1893 wurde bereits ein Grundstück in der Roonstraße gekauft. Doch es sollte noch mehr als zehn Jahre dauern, nämlich bis zum 1. September 1904, bis die Regierung den Neubau genehmigte, weil sie die Zustände an der Philippstraße als nunmehr unhaltbar ansah.
Weitere fünf Jahre später, am 27. Oktober 1909, konnte das neugebaute Krankenhaus an der Roonstraße eingeweiht werden. Die Elisabethinnen aus dem St.-Maria-Hilf-Hospital begaben sich für einige Zeit mit in das neue Haus, bevor die letzten Schwestern 1975 ins Mutterhaus nach Aachen zurückkehrten.
Das Haus in der Philippstraße wurde umgebaut, sodass im Herbst 1910 dort die "Marienschule" genannte Volksschule einziehen konnte. In das Gebäude des alten Krankenhauses, welches direkt neben der Marienkirche stand, zog ein halbes Jahr später, am 14. Mai 1911, auch die städtische Haushaltungsschule und Volksschulküche ein.
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